Risikomanagement_dpMCP_Best Practice Beispiel

💡 backaldrin International The Kornspitz Company: Risikoanalyse als Werkzeug zur Steigerung der Anlagenverfügbarkeit

3. April 2019 | von Ludwig Grubauer

Wissen Sie, welche Ihrer Anlagen bzw. Anlagenteile Ihre ‚Risikoanlagen‘ sind?

Anlagenbezogenes Risikomanagement kann Ihnen helfen, begrenzte Ressourcen in der Instandhaltung zielgerichtet genau dort einzusetzen, wo Sie tatsächlich die größten Risikotreiber haben. Das sind oft zentrale Anlagenteile – oft aber auch versteckte, unbeachtete Teilkomponenten, die im Falle des Falles teure Anlagenausfälle nach sich ziehen, etwa weil notwendige Ersatzteile nicht auf Lager liegen.

Bei backaldrin International The Kornspitz Company in Asten/OÖ haben Experten aus Produktion und Instandhaltung eine zentrale Anlage unter dem Gesichtspunkt der Risikobetrachtung unter die Lupe genommen. Nach nur vier Wochen war klar – gezielte Investitionen in der Höhe von nur 19 % der Gesamtrisikokosten an den richtigen Stellen, reduzieren die Gesamtrisikokosten insgesamt um 71 %!

Aber der Reihe nach:

Risiko, was bedeutet das?

Eine Definition von Risiko ist „die Gefahr, einen Schaden oder Verlust zu erleiden“.

Das Risikoausmaß ist der potenzielle (geldwerte) Schaden bzw. die Eintrittswahrscheinlichkeit mal dem Schadensausmaß. So kann etwa das Risiko eines Anlagenausfalls wegen einem häufig verunreinigten optischen Sensor (hohe Eintrittswahrscheinlichkeit mal geringem Schadensausmaß, Behebung kurzfristig durch Reinigung möglich) eine ähnliche Bewertung ergeben wie eine unwahrscheinlich auftretende elektrische Spannungsspitze, die zum Stillstand einer verketteten Anlage im 4-Schicht-Betrieb führt (geringe Eintrittswahrscheinlichkeit mal hohem Schadensausmaß, wenn entgangene Produktionsmenge nicht mehr aufgeholt werden kann).

Bedeutung von Risikomanagement für das Unternehmen

Mit der Zielsetzung eines Unternehmers, den Unternehmenswert zu maximieren, müssen Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß von Risikoszenarien berücksichtigt werden. Der Unternehmenswert hängt demnach sowohl vom Ertrag als auch vom Risiko ab, Risikomanagement ist somit ein Teil einer wertorientierten Unternehmensführung.

Aufgaben eines anlagenbezogenen Risikomanagements

Ein anlagenbezogenes Risikomanagement zielt auf die Absicherung der Anlagenverfügbarkeit ab und soll folgende Aspekte umfassen:

  • Die Schlüsselanlagen aus Sicht der Produktion als „Risikotreiber“ identifizieren; potenzielle Risiken frühzeitig erkennen, noch bevor sie zum Ausfall führen
  • Risiken quantifizieren und vergleichbar darstellen
  • Möglichkeiten zur Risikoreduzierung ausarbeiten und bewerten
  • Die Maßnahmen auf Grundlage der abgeschätzten Risikoreduzierung priorisieren
  • Ausgewählte Maßnahmen umsetzen
  • Veränderungen des Risikopotenzials infolge Verbesserungsmaßnahmen sowie hinsichtlich geänderter Rahmenbedingungen regelmäßig verfolgen
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Bild 1: Risikomanagement als laufender Prozess
Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH

Risikoarten für Produktionsanlagen

Auf die Produktionsanlagen bezogen lassen sich verschiedene Bedrohungen unterscheiden:

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Bild 2: Risikobedrohung für Produktionsanlagen
Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH

Im Bereich der Instandhaltung und Anlagenbewirtschaftung sind die Ausfallkosten von zentraler Bedeutung; dabei lassen sich wie folgt unterscheiden:

  • Ausfallkosten im weiteren Sinn, sie umfassen alle Kosten zur Bekämpfung nachteiliger ökonomischer Konsequenzen des Verschleißes im Beschaffungs-, Produktions- und Absatzbereich eines Unternehmens.
  • Ausfallkosten im engeren Sinn, sie beinhalten den Anfall von Erfolgseinbußen, Erlösminderungen und Kosten während und nach der Dauer der Durchführung von Instandhaltungsaktionen im Produktionsbereich.
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Bild 3: Kostenhebel Produktionsausfallkosten/Produktionsverluste 
Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH

Risikoanalyse: Worauf müssen wir fokussieren?

In der Risikoanalyse geht es um die Identifikation und anschließende Bewertung der im Unternehmen existierenden anlagenbezogenen Ausfallrisiken.

Für die Identifikation der Risikotreiber hat sich die vorherige Definition von Schlüsselanlagen mit Beschränkung einer Bewertung auf diese Auswahl bewährt. Damit kann ein Totlaufen der Systematik infolge undifferenzierter zeitaufwändiger Anwendung auf alle Produktionsanlagen vermieden werden.

Die Schlüsselanlagen lassen sich aus einer Produktions- oder Asset-Management-Strategie ableiten. Hilfreich dabei sind auch vorliegende Anlagensubstanz-Bewertungen. Bereits verfügbar sind IT-Tools für die systematische Identifikation von Schlüsselanlagen bei umfangreicherem Maschinen- und Anlagenpark. Insgesamt erfolgt diese Anlagenauswahl im Vorfeld der Analyse durch das Produktions-Management mit Unterstützung durch das Instandhaltungs-Management.

Mitarbeiter mit Anlagenerfahrung einbinden!

Für die Bewertung der Ausfallrisiken ist die Einbeziehung der Mitarbeiter mit Anlagenerfahrung unumgänglich. Dabei wird in der Diskussion zwischen Produktion (z.B. Anlagenfahrer, Schichtführer, Produktionsmeister) und Technik (z.B. IH-Meister, IH-Planer, Engineering, Fachexperten) das Verständnis für Ursachen und Wirkung sowie für die unterschiedlichen Sichtweisen verbessert. Der Zeitaufwand für diese Workshops lässt sich durch professionelle Moderation gut eingrenzen.

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Bild 4: Selektion mittels Risikomatrix 
Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH

Risikoreduzierung – Fokus auf Wirtschaftlichkeit

Bei der Reduzierung des Risikos steht die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen im Vordergrund. Naheliegend, dass im ersten Schritt eine Optimierung der IH-Strategie zum jeweiligen technischen Objekt geprüft werden muss: durch Verbesserung der Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen (Intervalle, aussagekräftige Dokumentation von Inspektionen zur Beurteilung des tatsächlichen Anlagenzustands oder dessen Veränderungen, Inhalte der Maßnahmen, Vorgaben für die Durchführung der W&I-Maßnahmen in Arbeitsplänen, …) lassen sich oft ohne Zusatzkosten Ausfallrisiken schrittweise reduzieren.

Der zweite Schritt führt zu Überlegungen technischer Verbesserungen wie Materialauswahl, konstruktive Änderungen, Schaffung von Redundanzen, Standardisierung von Austauschteilen usw. Der damit verbundene Kostenaufwand muss sich amortisieren, Wirtschaftlichkeitsvergleiche wie bei jeder anderen technischen Maßnahme auch sind notwendig.

Wenn die beiden ersten Schritte nicht zum gewünschten Ziel führen, sollten Überlegungen zur Optimierung der Ersatzteil-Strategie angestellt werden. Denn vorgehaltene Ersatzteile verhindern nicht den Anlagenausfall. Sie können die Dauer ungeplanter Stillstände reduzieren, stellen aber gebundenes Kapital dar und müssen verwaltet, gelagert und mitunter auch gewartet werden. Eine Vorstufe kann hier noch die Verbesserung der Supply Chain über externe Materialbevorratung oder Lieferverträge mit Verfügbarkeitsgarantien innerhalb definierter Zeiträume darstellen.

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Bild 5: Potenziale zur Risikosenkung 
Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH

⚙️Praxisbeispiel Lebensmittelindustrie

Bei backaldrin International The Kornspitz Company in Asten/OÖ hat man mit dieser Vorgangsweise schon Erfahrung: ab Oktober 2017 wurde von den Fachleuten aus Produktion und Instandhaltung eine ausgewählte Schlüsselanlage unter die Lupe genommen.

Für diese erste Pilot-Anwendung holte man sich mit dankl+partner kompetente Unterstützung ins Haus. Das hat sich mit einer strukturierten zeiteffizienten Moderation durch den Prozess der Analyse und Maßnahmenableitung bezahlt gemacht und stellt gleichzeitig eine Schulung interner Mitarbeiter in der Methodenkompetenz dar.

Nach vier Wochen konnte das Bearbeitungsteam dem Management das in Bild 6 dargestellte Ergebnis präsentieren.

Aus 94 Technischen Objekten wurden 9 Top Risikotreiber identifiziert und dazu
7 Verbesserungsmaßnahmen definiert,
wobei sich eine der Maßnahmen auf 3 Top Risikotreiber auswirkt.

Die Maßnahmen wurden im Anschluss schrittweise zur Umsetzung freigegeben.

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Bild 6: Ergebnis Risiko-Optimierung mit dem RCM-Speed-Ansatz
Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH

Hinweis: Das hier in % angegebene Risiko wird bei der Analyse in TEUR/a ausgewiesen      Quelle: dankl+partner consulting gmbh | MCP Deutschland GmbH, Praxisbeispiel 2017

Risikoanalyse: Ein Werkzeug zur Steigerung der Anlagenverfügbarkeit?

Risikomanagement darf unternehmerische Initiativen und Wachstum nicht behindern, sondern kann helfen, Gewinnpotenziale realistisch einzuschätzen und zu realisieren. Damit verbessert Risikomanagement die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, reduziert die Wahrscheinlichkeit von Krisen und steigert den Unternehmenswert. Praxisbewährte Anwendungen helfen, diese Gewinnpotenziale mit dem Fokus auf die wesentlichen Risikotreiber zu identifizieren und die richtigen Verbesserungen rasch umzusetzen.

Zum Autor

Porträtfoto Ludwig Grubauer

Dipl.-Ing. Ludwig Grubauer

Koordinator, Senior Consultant & Trainer
dankl+partner consulting gmbh

Fachgebiete: Instandhaltungsmanagement, Riskobasierte instandhaltungsstrategien, Outsourcing, Arbeitssicherheit (Sicherheitsfachkraft), betrieblicher Brandschutz (Brandschutzbeauftragter), Maschinenbau, Prozessoptimierung, Wirtschaftsingenieurwesen, Mineralrohstoffgewinnung (Tagebautechnik & Sprengung)

System for Excellence, S4E, dankl, OEE, best practice, Leistung, Performance, Optimierung, Instandhaltung, Asset Management

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