Die INSTANDHALTUNGSTAGE 2019 erwarten alle Praktiker und Experten im Bereich Instandhaltung und Asset Management von 09. bis 11. April 2019 wieder mit einem spannenden Programm und vielen Gelegenheiten zum Netzwerken. Als Einstimmung hier ein Fachartikel von Andreas Dankl aus dem Jahrbuch der INSTANDHALTUNGSTAGE 2018 in leicht gekürzter Form.
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Viele Marktstudien und Expertenaussagen zeigen auf, dass sich die Instandhaltungsabteilungen zukünftig als Technologie- und Kompetenzzentren innerhalb der Betriebe aufstellen müssen. Primäre Beweggründe hierzu sind Entwicklungen bei Anlagentechnologien, zunehmend attraktive Anwendungen aus Industrie 4.0 / Digitalisierung oder verschärfte Anforderungen aus dem Prozess-, Qualitäts- und Sicherheitsmanagement sowie aufgrund von verschärften gesetzlichen Bestimmungen. Da durch die steigende Automatisierung in fast allen Branchen die Kapazität und Qualifikation des Produktionspersonals reduziert wird, verbleibt im Betrieb i.d.R. nur der Instandhaltungsbereich als Kompetenzeinheit für Technik-Fragen. Konsequenz daraus ist, dass die Instandhaltungsmannschaft ein stark erweitertes Aufgabenspektrum mit entsprechend umfassenderen Qualifikationen abdecken muss.
In vielen Unternehmen stellen sich somit die Fragen nach der vorhandenen und zukünftig notwendigen fachlichen / technischen und methodischen Kompetenzen sowie nach dem Stellenwert bzw. der Positionierung der Instandhaltung innerhalb der betrieblichen Organisation. Wird die Instandhaltung in „traditioneller Sicht“ immer noch als „Hilfsbetrieb“ oder in „moderner Sicht“ als kompetenter Wertschöpfungspartner der Produktion gesehen (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Stellenwert der Instandhaltung innerhalb der betrieblichen Organisation
Im Rahmen der Instandhaltungskonferenz 2017 wurden 88 Experten befragt, welcher Begriff am ehesten die aktuelle Stellung der Instandhaltung in produzierenden Unternehmen beschreibt?
Hierzu gaben 25% der Teilnehmer an, ihre Instandhaltung als Wertschöpfungspartner der Produktion zu verstehen und weitere 20% verstehen die Instandhaltung als Modernisierungs-/Innovationspartner; die restlichen Teilnehmer titulieren die Instandhaltung als „Feuerwehr-Einheit“ (10%), „Organisationseinheit für Alles“ (22%), Hilfsbetrieb“ (7%) und als Kostenfaktor (16%).
Die Klärung des betrieblichen Stellenwertes der Instandhaltung ist eine grundsätzlich strategische Entscheidung der Betriebs- bzw. Unternehmensleitung. Die fachliche und methodische Ausrichtung der Instandhaltungsmitarbeiter und in weiterer Folge die Leistungsfähigkeit (Performance) der Instandhaltungsorganisation hingegen ist eine Entscheidung der Instandhaltungsleitung. Die Instandhaltungsleiter haben zu verantworten, auf welchem Performance-Niveau sich die Instandhaltung befindet und wie zukünftige Entwicklungen der Instandhaltungseinheit dazu beitragen, eine verbesserte Anlagenverfügbarkeit/-zuverlässigkeit und / oder eine verbesserte Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
UM DAS PERFORMANCE-NIVEAU DER INSTANDHALTUNG ZU VERBESSERN, IST DIE KLÄRUNG FOLGENDER FRAGEN UNUMGÄNGLICH:
1. WAS IST EINE PERFORMANCE-ORIENTIERTE INSTANDHALTUNG?
Performance-Orientierung bedeutet grundsätzlich, die Leistungsfähigkeit einer Organisationseinheit bzw. eines Aufgabenbereiches systematisch zu analysieren und zu verbessern. Konkret bedeutet „Performance-orientierte Instandhaltung“:
- Die Erfüllung der Forderungen nach Anlagenverfügbarkeit/-zuverlässigkeit, Anlagensubstanzerhaltung, Sicherheit, Risikobeherrschung und Qualität,
- durch die bestmögliche Kombination der Instandhaltungsmaßnahmen und Instandhaltungsstrategien (siehe z.B. DIN 31051, DIN EN 13306)
- mit optimaler Wirtschaftlichkeit (= zu minimalen Ausfallkosten und direkten IH-Kosten).
Das beinhaltet die systematische Auswahl und Anwendung von geeigneten (bewährten und neuen) Strategien, Strukturen, Prozessen, Methoden, Techniken und Tools (z.B. IT-Systeme) sowie deren kontinuierliche Verbesserung.
2. WIE KANN DIE INSTANDHALTUNGS-PERFORMANCE GEMESSEN WERDEN?
Zur Beurteilung der Instandhaltungs-Performance werden i.d.R. zwei unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe angesetzt:
→ Effizienzkennzahlen: Diese Kennzahlen werden aus Leistungs-, Kosten- und Organisationskenndaten gebildet. Praktikable Grundlagen zur Kennzahlenbildung sind z.B. die „DIN EN 15341 – Leistungskennzahlen für den Instandhaltungszustand“ oder die „VDI 2893 – Instandhaltungskennzahlen“. Effizienzkennzahlen dienen als betriebliche Steuerungsgrößen und unterstützen die Priorisierung von zielführenden Verbesserungsansätzen. Kennzahlen dienen aber auch als überbetriebliche branchenspezifische Benchmarks (siehe Abbildung 2).
Abbildung 2: Beispielhafte Effizienz-Kennzahlen eines Branchen-Benchmarking
Wesentlich bei der betriebsübergreifenden Anwendung von Effizienzkennzahlen ist, dass nur eindeutig definierte Kennzahlen mit einer klar abgegrenzten Datenbasis verwendet werden, damit die ermittelten Werte auch tatsächlich als „Indikator und Orientierungsgröße“ für mögliche Verbesserungsansätze aussagekräftig sind. Folgende Effizienzkennzahlen ermöglichen eine gute Einschätzung der bestehenden Instandhaltungs-Performance:
Instandhaltungsintensität (Instandhaltungskosten / Anlagen-Wiederbeschaffungswert)
- Reparaturgrad (Instandsetzungskosten / gesamte Instandhaltungskosten)
- Planungsgrad (wöchentlich geplante Arbeitsstunden / gesamte Arbeitsstunden)
→ Effektivitätskennzahlen: Diese beschreiben sowohl die Anwendungsgüte/Qualität von einzelnen Prozessen, Aufgabenschwerpunkten und Methoden als auch die Leistungsfähigkeit einer gesamten Instandhaltungseinheit. Anhand von detaillierten Prozess-, Organisations- und Methodenanalysen werden mittels bewerteter Einzelkriterien die vorhandenen Stärken und Schwächen (= Verbesserungsansätze) der Instandhaltung ermittelt und konkrete Verbesserungsansätze/-maßnahmen abgeleitet. Effektivitätskennzahlen können genauso wie Effizienzkennwerte in Relation zum Branchendurchschnitt anderer Betriebe und zum Unternehmen mit der besten Instandhaltungs-Performance innerhalb der Branche betrachtet werden (siehe Abbildung 2). Aus diesen Daten werden Rückschlüsse auf die wesentlichen Verbesserungsansätze für die Instandhaltung abgeleitet – wie z.B. Neugestaltung oder Anpassung von Prozessen bzw. Prozessschritten, Forcieren von vorbeugenden und zustandsorientierten IH-Maßnahmen an Schlüsselanlagen, Intensivierung der Auftragsplanung und Schwachstellenanalyse, Berichtswesens mittels Kennzahlen (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Beispielhafte Effektivitäts-Kennzahlen einer Instandhaltungseinheit
International bewährt hat sich zur Effektivitätsbewertung von Instandhaltungseinheiten das Bewertungstool „Excellence-Radar“ von dankl+partner consulting | MCP Deutschland. Dieses Tool enthält 15 Themenfelder mit über 200 Einzelkriterien, die eine umfassende Beurteilung aller relevanten Instandhaltungsaspekte ermöglichen. Diese Bewertungsergebnisse bilden gemeinsam mit den Kosten-und Leistungsdaten die Entscheidungsgrundlage für Verbesserungen in der Aufbau- und Ablauforganisation der Instandhaltung sowie für Verbesserungen bei angewendeten Strategien, Methoden, Techniken und Tools.
3. WAS IST DER NUTZEN EINER VERBESSERTEN INSTANDHALTUNGS-PERFORMANCE?
Das jahrelange Erfolgsmonitoring von umgesetzten Verbesserungsmaßnahmen zeigt eine direkte Korrelation zwischen Instandhaltungs-Performance und direkten Instandhaltungskosten (= Personal-, Material- und Fremdleistungskosten) auf. Anhand von vielen hundert Optimierungsprojekten wurde auf Basis der AMIS-Datenbestände analysiert, dass bei einer Steigerung der Instandhaltungs-Performance von 30% auf 60% ca. 15% der direkten Instandhaltungskosten eingespart werden können. Wobei aber besonders betont wird, dass i.d.R. die Potenziale durch verbesserte Anlagenverfügbarkeit um ein Vielfaches höher sind. Die wesentlichen Potenzialhebel einer verbesserten Instandhaltungs-Performance zeigt Abbildung 4.
Abbildung 4: Potenzialhebel bei Anlagenmanagement und Instandhaltung
4. STATUS QUO ZUR SYSTEMATISCHEN VERBESSERUNG DER INSTANDHALTUNGS-PERFORMANCE?
Es ist unstrittig, dass eine systematisch verbesserte Instandhaltungs-Performance zu Steigerungen bei Anlagenverfügbarkeit/-zuverlässigkeit führt und signifikante Wirtschaftlichkeitsvorteile ermöglicht. Dennoch zeigen Marktstudien und weltweit durchgeführte Optimierungsprojekte von MCP International auf, dass systematische Performance-Verbesserungen von Instandhaltungseinheiten nur in sehr geringem Umfang vorgenommen werden; folgende Aussagen sollen dies aufzeigen:
- Nur 15% aller Instandhaltungsabteilungen führen regelmäßige Performance-Bewertungen und eine systematische Performance-Entwicklung durch.
- In ca. der Hälfte aller analysierten Instandhaltungseinheiten liegt die Performance zwischen 40% und 55%; nur 14% der Instandhaltungen weisen eine Instandhaltungs-Performance mit Weltklasse Niveau (ab 75%) auf (siehe Abbildung 5).
Abbildung 5: Performance-Kategorien in der Instandhaltung
Hauptursachen für eine Verhinderung der systematischen Performance-Verbesserung sind:
- Mangelhafte bzw. fehlende langfristige Ziele und Strategien für die Instandhaltungseinheit
- Unzureichender Stellenwert der Instandhaltung innerhalb der Betriebsorganisation
- Fehlendes Commitment der Betriebs- und Unternehmensführung und entsprechend fehlende Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung der Instandhaltung
- Zu geringe verfügbare Zeitressourcen der Instandhaltungs-Führungskräfte für Optimierungs- und Konzeptionsaufgaben (nur ca. 15% der Arbeitszeit)
- Fehlende Tools bzw. Kenntnisse zur gesamtheitlichen Performance-Beurteilung
⚙️ PRAXISBEISPIEL ZUR STEIGERUNG DER INSTANDHALTUNGS-PERFORMANCE
Praxisbeispiele zeigen aber auf, dass die systematische Verbesserung der Instandhaltungs-Performance machbar und vor allem mit konkreten Vorteilen verbunden ist. Erfahrungen zeigen, dass die Instandhaltungs-Performance bei einem systematischen Vorgehen innerhalb von 1 – 2 Jahren signifikant verbessert werden kann. Üblicherweise kann bei Umsetzung der „richtigen“ Optimierungsansätze die Instandhaltung vom „Einsteiger- und Umsetzer-Level“ in einem Zeitraum von 3 – 4 Jahren auf „Weltklasse-Niveau“ verbessert werden.
Das dargestellte Praxisbeispiel beschreibt eine systematische Verbesserung der Instandhaltungs-Performance für einen Betrieb aus der Papierindustrie. Über einen Zeitraum von 4 Jahren wurde die Instandhaltungs-Performance von 37% auf aktuell 78% entwickelt. Besonders von Bedeutung war hierbei die verbesserte Nutzung der eingesetzten Instandhaltungssoftware SAP/PM und der die Neugestaltung der Instandhaltungsprozesse (siehe Abbildung 6).
Abbildung 6: Praxisbeispiel zur Steigerung der Instandhaltungs-Performance
Basis hierfür waren eine kritische Bestandsaufnahme, eine geeignete zeitliche und inhaltliche Bearbeitung der identifizierten Verbesserungsansätze und ein gemeinsames Verständnis und Commitment von Betriebsleitung, Produktion und Instandhaltung zu den Verbesserungsmaßnahmen. Die erzielten Verbesserungen lassen sich anhand folgender beispielhafter Kennzahlen beschreiben:
- Reduzierung des Reparaturgrades von 76% auf 44%
- Erhöhung des Planungsgrades von 35% auf 83%
- Senkung der Ausfallkosten aufgrund ungeplanter Anlagenstillstände auf ca. 30% der ursprünglichen Höhe
- Reduzierung der direkten IH-Kosten um 8% (bei gleichzeitiger Kapazitätserweiterung der Produktionsanlagen um ca. 20%)
Dieser Artikel ist in der Langversion im Jahrbuch zu den INSTANDHALTUNGSTAGEN 2018 erschienen.
Jahrbuch Instandhaltungstage 2018:
Bestellbar unter office@mcp-dankl.com
21 x 29,7 cm
172 Seiten; Gebunden
ISBN 978-3-7011-8085-1
€ 54,90 | sFr 93,30 | Herausgegeben von Jutta Isopp und Andreas Dankl.